Macht Kaffee aufmüpfig?

Kaffeekultur

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Geschichte

Von der Revolution zum Kaffeekränzchen

1554 wurde in Konstantinopel (heutiges Istanbul) das erste Kaffeehaus eröffnet- es wurde auch Treffpunkt der Gebildeten genannt. Erstmalig in der Geschichte trafen sich Angehörige verschiedener Religionen, also Islamisten, Juden, Christen u.a. an einem Ort, um gemeinsam zu diskutieren und debattieren. Später wurden die Kaffeehäuser auf der ganzen Welt eine beliebte Anlaufstation, um Geschäfte auszuhandeln, über Politik zu debattieren und Klatsch auszutauschen. 

 

Die Herrscher des Osmanischen Reiches sahen in den Kaffeehäusern ihre Position gefährdet. Das anregende Getränk verführte die Männer zu abwegigen aufrührerischen Gedanken. Und so wurden diese im 17. Jh. verboten und die Bohnen säckeweise verbrannt. Wer beim Kaffeetrinken erwischt wurde, wurde in einen Sack gesteckt und im Bosporus versenkt.  Aber auch in anderen Ländern beäugte man die Kaffeehäuser kritisch. Man sagt, in Frankreich seien auffallend viele Kaffeehäuserkurz vor der franz. Revolution eröffnet worden. Auch die Deutsche Revolution von 1848 soll ihren Ursprung im Kaffeehaus haben, sind dort doch die ersten Manifeste geschrieben worden. Fürst Metternich setzte eine grosse Anzahl an Spionen in die Kaffeehäuser, um regierungskritische Zeitgenossen aufzuspüren. Dennoch trafen sich die klugen Köpfe weiterhin in den Kaffees. In Wien erlangte das Kaffee Griensteidl Berühmtheit, weil dort angeblich der Sturz Metternichs geplant wurde. Viele regierungskritische Künstler und Intellektuelle wurden damals verhaftet.


Treffpunkt für Künstler

Aber nicht nur aufrührerisches Gedankengut wurde in den Kaffeehäusern geboren. Die Wiener Kaffeehäuser waren schon immer beliebt bei Intellektuellen. So gehörten zum Stammpublikum der Literaten Arthur Schnitzler, Franz Werfel, Joseph Roth, Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus u.v.m oder die Maler Oskar Kokoschka und Egon Schiele, Gustav Klimt und die Komponisten Alban Berg und Franz Léhar, um nur ein paar wenige aufzuzählen.

 

Legendär in der Schweiz ist das Café Odeon in Zürich. 1911 eröffnet wurde es schon bald Treffpunkt bekannter Politiker, Dichter, Schriftsteller, Maler, Musiker und anderer Künstler. Oberst Ulrich Wille (General im ersten Weltkrieg), der russische Revolutionär Lenin, die holländische Spionin Mata Hari, der Physiker Albert Einstein u.v.m. verkehrten im Odeon. 
Zuflucht für Emigranten, Stammquartier der Dadaisten, Treffpunkt für alle, die interessiert am Weltgeschehen diskutieren und debattieren wollten. Und ja, sie tranken alle literweise Kaffee -was ihren Geist und die Freude am Diskutieren angeregt hat. 


Auch Baden hat Kaffeehaustradition. 1952 wurde das heutige Café Himmel eröffnet, welches im Jahre 2022 ganz im Stile der ehemaligen Wiener Kaffeehäuser neu umgebaut wurde. 


Kaffeekränzchen

Im Kaffeehaus waren Frauen (zumindest in Europa) zwar geduldet, aber nicht gerne gesehen. Im 18. Jh. kam der Kaffee dann in die Haushalte. Und die Frauen organisierten das nachmittägliche Kaffeekränzchen. Die Bohnen wurden noch selbst in der Küche geröstet und gemahlen. Trafen sich Frauen früher nur auf dem Markt beim Einkaufen, hatten sie jetzt Gelegenheit, sich für längere Gespräche zu treffen. Sehr zum Unmut der Männer, die fürchteten, ihre Frauen könnten aufmüpfisch werden. Wie die Regierung Angst vor aufrührerischem Gedankengut hatte, wenn sich die Intellektuellen in den Kaffeehäusern trafen, machten sich die Männer sorgen um die Ordnung in ihrem Haushalt, der den Frauen klare Rollen zuwies. Vielleicht liegt der Ursprung der Emanzipation tatsächlich im Kaffee …