Interview mit Carlo Grazian – unserem Röster
Die Rösterei ist das Herzstück von Graf Kaffee – unser ganzer Stolz. Hier vereint sich Tradition, Können und modernste Technik. Unser Röstmeister, Carlo Grazian erzählt im Interview von den täglichen Herausforderungen des Röstens. Hier geht es zum Interview:
Wie kommt man eigentlich dazu Röster zu werden?
Also ich bin gelernter Bäcker/Konditor und habe schon immer gerne mit Naturprodukten gearbeitet. Und da ich ein Kafi Liebhaber bin, ist die Arbeit als Röster für mich ein Jackpot.
Ich nehme an, das ist ja kein Beruf, den man lernen kann. Wie hast du dich vorbereitet, respektive wie hast du dein Handwerk als Röster gelernt?
Es gibt tatsächlich keine klassische Ausbildung. Ich habe vor Stellenantritt viel Literatur über Kaffee gelesen. Ich habe schnell verstanden, worum es geht. Naturprodukte haben ihre eigenen Regeln – damit kenne ich mich aus. Bei Graf Kaffee hatte ich eine intensive Einarbeitungszeit und durfte dann nach und nach selbst rösten. Es braucht Vertrauen von beiden Seiten – ich habe die Sicherheit entwickelt, Verantwortung zu übernehmen. Und mir wurde das Vertrauen geschenkt, diese wahrzunehmen.
Wo liegt denn die Verantwortung beim Rösten?
Ich habe jeweils nur einen Versuch. Wenn ich den Röstvorgang ein paar Sekunden zu früh oder zu spät abbreche, dann stimmt das Aroma der Bohne nicht mehr. Jede einzelne Sorte hat ihren ganz eigenen Charakter – Graf Kaffee legt absoluten Wert darauf, diese Eigenschaften perfekt zu treffen und damit Kaffee in gleichbleibender Qualität liefern zu können.
Kannst du nicht einfach nachrösten, wenn du zu früh abbrichst?
(Carlo lacht) Nein, das geht nicht. Wenn ich den Röstvorgang abbreche, fallen 100kg Bohnen auf einmal in ein Kühlsieb. Dort dreht der Mischarm die Bohnen gleichmässig und gleichzeitig wird kalte Luft reingeblasen. Die bis zu 200° heissen Bohnen müssen sofort abgekühlt werden, à point quasi, wie beim Fleisch. Da entscheidet auch der richtige Moment …
Und wie weisst du, wann der richtige Moment da ist? Hast du eine Nase, wie die Parfumeure?
Eher Augen wie ein Adler. Einerseits gibt es für jede Sorte eine sogenannte Hitzekurve auch Röstprofil genannt, worin der Verlauf verzeichnet ist. Also wie lange und mit welcher Temperatur sie geröstet wird. Aber für mich fast wichtiger ist die Farbe. Ich beobachte die Bohnen während dem Röstvorgang ganz genau und entscheide anhand der Farbe, wann sie ready sind.
Das heisst, du musst sehr aufmerksam oder eigentlich sehr konzentriert sein – ist das die grösste Herausforderung beim Rösten?
Nein, das ist einfach eine Grundvoraussetzung, um den Job gut zu machen. Viel schwieriger sind die unterschiedlichen Bedingungen. Kaffee ist ein Naturprodukt und Naturprodukte verhalten sich nicht immer gleich. Je nach Aussentemperatur oder Feuchtigkeit verändert sich der gesamte Prozess. Das kann ganz schön herausfordernd sein, macht aber auch umso mehr Freude, wenn es dann super gut gelingt.
Kann es denn auch mal passieren, dass ein Sack Bohnen nicht gut ist? Wie werden diese kontrolliert?
Kommt neuer Rohkaffee rein, mache ich immer zuerst Proben, Musterröstungen. Mängel gibt es praktisch nie. Wir arbeiten nur mit Top Rohkaffeehändlern zusammen. Auch das ist wahrscheinlich eine Vertrauensfrage.
Graf Kaffee steht seit jeher für schonende Röstung und dadurch säurearmen Kaffee. Was heisst das eigentlich konkret?
Einerseits muss man wissen, dass wir jede Sorte einzeln rösten und erst anschliessend mischen. Und wie gesagt, rösten wir pro Einheit 100 kg und dies während rund 20 Minuten. Das ist ein sehr langsamer schonender Prozess. Nun muss man wissen, dass im Kaffee ca. 40 bekannte Säuren zu finden sind (bei ungefähr 1000 Aromastoffen). Die Säuren bilden eine wichtige Komponente im Kaffee. Wenn ein Kaffee für uns sauer schmeckt, bedeutet dies in der Regel, dass es er zu wenig lange geröstet wurde.
Es ist wie beim Wein, der Körper muss stimmen. Ein guter Kaffee hat ein ausgewogenes Verhältnis von Säure, Süsse und Bitterkeit – dieser Range ist unglaublich vielfältig. Je nachdem wie sich Zucker und Proteine neu formieren, entsteht ein entsprechendes Aroma. Dies ist aber nur möglich bei langer Röstung – kurz und heiss gerösteter Kaffee wird meist als schal und bitter oder «suur» wahrgenommen.
Hast du noch einen Tipp für die Kunden?
Ich erlebe immer wieder, dass Kaffee im Kühlschrank gelagert wird. Das ist gar nicht gut für die Bohnen. Sind stark riechende Lebensmittel im Kühlschrank, kann die Bohne diese annehmen. Am besten die Bohnen im Beutel lassen und an einem dunklen Ort lagern.